Stellungnahme der DGRM zum Thema Kindsmisshandlung

Körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch und auch Vernachlässigung von Kindern sind Themen, die in den vergangenen Jahren zunehmend in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt sind und wiederholt öffentlich diskutiert wurden. Auch die Politik hat das Thema aufgegriffen und durch eine Reihe gesetzlicher Veränderungen bessere Voraussetzungen für einen effektiveren Schutz von Kindern und Jugendlichen geschaffen (z. B. Aufnahme des Rechts auf gewaltfreie Erziehung in das BGB, Bundeskinderschutzgesetz, verschiedene Ländergesetze zu Meldepflichten bei Vorsorgeuntersuchungen).

Heute gibt es in vielen Städten und Kreisen in der Bundesrepublik interdisziplinäre Arbeitsgruppen, die sich den Kinderschutz zum Ziel gesetzt haben. Beteiligt sind häufig Vertreter des Jugendamtes, der Ärzteschaft, der Polizei und Justiz und falls vor Ort verfügbar auch der Rechtsmedizin. Trotz dieses Engagements wird es auch in der Zukunft nicht möglich sein, jeden Einzelfall zu verhindern. Kindesmisshandlungen ereignen sich charakteristischer Weise insbesondere im geschützten Raum der Familie, wo eine Einflussnahme durch Außenstehende erst erfolgen kann, wenn das Problem nach außen bekannt wird.

Aus einzelnen Fällen aber die Schlussfolgerung zu ziehen, dass ein Systemversagen ursächlich sein müsse, ist weder gerechtfertigt noch wissenschaftlich zu begründen.

Sicher können Rechtsmediziner aus ihrer beruflichen Praxis Beispiele nennen, wo individuelles Versagen einzelner Beteiligter gravierende Folgen für das Leben und die Gesundheit von Kindern hatte. Eine Verallgemeinerung dieser Fälle wird dem Problem aber nicht gerecht.

Eine anhaltende Diskussion des Problems in der Öffentlichkeit kann unser aller Bewusstsein für das Thema weiter schärfen und ist deshalb zu begrüßen. Verbesserungen sind sicher vor allem in Bezug auf die Zusammenarbeit der Beteiligten vor Ort möglich. Angesichts des interdisziplinären Charakters der Aufgabe sind einseitige undifferenzierte Schuldzuweisungen zwischen den beteiligten Institutionen hingegen dem gemeinsamen Ziel des Kinderschutzes wenig förderlich. Eventuelle grundsätzliche Maßnahmen, wie z.B. weitere Gesetzesänderungen sollten auf belastbaren Daten und einer differenzierten Analyse basieren.    

Der Vorstand der DGRM

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